Ein Experiment (Eintrag XIX)

Ich hab es getan, jawollja!

OK, bevor nun die ersten wilden Spekulationen hinsichtlich der hinter mir liegenden Aktivität anfangen und in Bereiche vordringen, die besser hier nicht erwähnt werden, möchte ich zusätzlich zu dem (zugegebenermaßen etwas reißerischen) Einleitungssatz in den weiteren Zeilen erläutern, um was es eigentlich geht.

Ich habe mir zum ersten Mal ein Hörbuch zu Gemüte geführt. Wie ich hier bereits erklärt habe, sind meine Lesegewohnheiten ein wenig sonderbar. Bücher werden immer möglichst in einem Rutsch verschlungen, allerdings muss sich dazu vorher bei mir erst einmal eine Art „Leselaune“ einstellen, welche ich nicht direkt beeinflussen oder gar herbeiführen kann. So kann es passieren, dass ich innerhalb einer Woche mehrere hundert Seiten eines Romans oder mehrere Bücher lese, um danach für mehrere Wochen kein einziges Buch auch nur mit dem Allerwertesten anzuschauen, obwohl ich prinzipiell Interesse oder gar Neugierde an der mir noch nicht bekannten Geschichte habe.
Ähnlich wie Künstler oftmals behaupten, dass Sie erst nachdem sie die Muse geküsst hat, kreativ tätig werden können, muss mich anscheinend erst die Lesewut packen, eh ich mich wirklich mit neuem Lesestoff beschäftige.

Mittlerweile ist es üblich geworden, dass zu jedem aktuell erschienenen Buch aus dem Bereich der Unterhaltungsliteratur innerhalb kurzer Zeit eine  Hörbuchversion auf dem Markt erhältlich ist, in denen mal mehr und mal weniger talentierte / bekannte Sprecher den niedergeschriebenen Worten und Sätzen Leben einhauchen und das Buch konsumentenfreundlich vorlesen. Da die meisten Sprecher in Deutschland auch als  Synchronsprecher für Hollywoodproduktionen tätig sind, kann man sich manchmal einbilden, dass es tatsächlich Jodie Foster, Nicholas Cage oder Johnny Depp sind, die einem die Geschichte hier über den Weg des Gehörgangs schmackhaft machen.

Bisher habe ich mich mehr oder weniger standhaft geweigert, diese Form des (Vor)lesens auszuprobieren, hauptsächlich aus dem Grunde, dass ich nach mehreren aufmerksamen Minuten des intensiven Lauschens irgendwann nicht nur den Faden sondern die komplette Fähigkeit zur Konzentration verliere und nichts mehr mitbekomme oder direkt einschlafe (einige Erfahrungen mit dem noch immer andauernden Versuch, die 42 Teile der John Sinclair 2000 Hörspielreihe einmal durchzuhören, belegen, dass es oftmals kaum möglich gewesen ist, länger als 30 Minuten wach zu bleiben).

Trotzdem blieb die Neugierde, doch mal zu versuchen ein ganzes Hörbuch durchzuhalten. Im Bekanntenkreis hat man mich auch immer wieder ermutigt, es einfach zu versuchen. Einige hören Bücher anstatt Musik bei längeren Autofahrten, andere während sie Kreuzworträtsel lösen oder sich in Handarbeitskünsten üben. Nach längeren mehr oder weniger subtilen Hinweisen, dass die Buchreihe der Tintenwelt von Cornelia Funke dank des Sprechers Rainer Stecker ein sehr gelungenes Hörbuch sei und sich somit als Hörbuchtest bzw. als Einstieg sehr gut eignen würde, habe ich es dann diese Woche versucht.

Das erste Buch Tintenherz bringt es gelesen auf 16 CDs. Nachdem diese auf dem Rechner waren und der kabellose Kopfhörer auf Vordermann gebracht worden war, habe ich Montag Abend begonnen, mein erstes richtiges Hörbuch in Angriff zu nehmen. Auf der Couch sitzend, ohne weitere Beschäftigung habe ich an diesem Abend nicht einmal die Hälfte der ersten CD gemeistert, eh mich – fast erwartungsgemäß – der Schlaf übermannt hat.

Am Dienstag hatte ich aus unerfindlichen Gründen keine besonders gute Laune und beschloss daher, schon recht früh die anderen normalen Abendaktivitäten einzustellen und mich noch einmal dem Hörbuch zu widmen. Da ich nicht wollte, dass ich nach kurzer Zeit wieder ins Land der Träume wegdämmerte, überlegte ich, welche Tätigkeit man auf der Couch fläzend nachgehen kann, die nicht zu viel Hirnschmalz verlangt, so dass man sich auf das gespochene Wort des Hörbuchs konzentrieren kann aber einen gleichzeitig davon abhält, einzuschlafen.

Ich habe mich fürs Daddeln (Auch Zocken genannt) auf der Playstation entschieden. Tomb Raider Anniversary ist nicht sonderlich anspruchsvoll, kann  problemlos ohne Ton gespielt werden und ist soweit bekannt, dass man nicht unnötig viel Konzentration zum Durchspielen benötigt. Die Kombination Playstation und Hörbuch hat sich als sehr passend herausgestellt, so dass ich Dienstag bis spät in die Nacht noch gebannt der Stimme aus den Köpfhörern lauschen konnte, während Lara Croft gleichzeitig durch Peru kraxelte. Ich war tatsächlich gefesselt. Ein Gefühl, dass ich nur zu gut vom Lesen einer spannenden Geschichte kannte.

Den Mittwochabend habe ich dann mit einigen Pausen fast vollkommen dem Hörbuch (und Lara) gewidmet und erst dann aufgehört, als die Sonne am Donnerstag (heute früh) bereits vorsichtig durch die Fenster geblinzelt hat.

Heute Abend war dann dann der letzte Teil des Hörbuchs dran. Nun sind 16 CDs gehört und ich kenne die komplette Geschichte des Buches ohne auch nur eine einzige Seite davon gelesen zu haben. Ein etwas seltsames aber keineswegs  unbequemes Gefühl.

Zum (Jugend)Buch an sich möchte ich an dieser Stelle gar nicht viele Worte verlieren, da es eine recht einfache, an manchen Stellen unlogische aber alles in allem schöne Geschichte ist. Dank des sehr guten Sprechers, der es – ohne sich theatralisch zu verstellen – geschafft hatte, allen handelnden Personen eine eigene, unaffektierte Sprechweise zu verleihen, war ich die ganze Zeit über mit dem geistigen Auge inmitten der Geschichte und dem dort stattfindenden Kampf zwischen Gut und Böse. Sehr zu meinem Erstaunen, da ich keine helfenden Buchstaben, Silben, Worte und Sätze direkt vor den Augen hatte und zusätzlich noch nebenbei die meiste Zeit den Controller der  Playstation umfasst gehalten und Lara Croft weiter durch Griechenland und Ägypten gehetzt habe.

Fazit:
Das Experiment Hörbuch ist gelungen. Mit der richtig dosierten Ablenkung (Essen kochen, Wohnung putzen funktionieren neben dem Zocken auch wunderbar) und einem guten Sprecher macht es kaum einen Unterschied, ein Buch lesend oder hörend zu verschlingen und somit stellt ein Hörbuch eine gleichberechtigte Alternative zu einem selber gelesenen Buch dar.

Allerdings habe ich auch hier festgestellt, dass mein Gehirn die gleichen Kapriolen schlägt, wie beim Lesen eines Romans. Ich bin offensichtlich nicht in der Lage, eine Geschichte scheibchenweise aufzunehmen. Dies werde ich beim nächsten Hörbuch dann berücksichtigen, um meinen Körper und meine Umwelt nicht unnötig durcheinander zu bringen.

ein heute weder zum Einschlafen lesender noch Geschichten lauschender Ausserirdischer

2 Antworten to “Ein Experiment (Eintrag XIX)”

  1. […] Ein Experiment (Eintrag XIX) Logbuch des Ausserirdischen – PeopleRank: 1 – Vor 18 Stunden …John Sinclair 2000 Hörspielreihe einmal durchzuhören, belegen, dass es oftmals kaum möglich gewesen ist, länger als 30 Minuten wach zu bleiben). Trotzdem blieb die Neugierde, doch mal zu versuchen ein ganzes Hörbuch durchzuhalten. Im Bekanntenkreis… Namen genannt : Nicholas Cage  Johnny Depp  Cornelia Funke  Jodie Foster  + voten […]

  2. Ich kann Dir die Hörbücher der Walter Moers-Roamane ans Herz legen! (Die 13,5 Leben des Cäptn. Blaubär etc.)
    Gelesen von absolut talentierten und unterschätztem Dirk Bach.
    Die besten Hörbücher, die ich gehört habe!
    Und ich habe einige gehört… Ansonsten die meisten Romane, die von Joachim Kerzel gelesen wurden. (Der sprecher von John Sinclair und so ziemich jedem deutschen Filmtrailer)
    Vie Spass!
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